In der ersten Phase der Kompressionstherapie, der Entstauungsphase, reduziert eine kräftige Kompressionsversorgung von 40-60 mmHg Beinödeme und unterstützt auf diese Weise die Abheilung des Ulcus cruris venosum.
Diese Phase ist gekennzeichnet durch hohe Exsudatmengen, dicke, gestaute Unterschenkel, Füße und Zehen. Es kommen Kompressionsversorgungen zum Einsatz, die sich dem abnehmenden Beinumfang gut anpassen lassen.
Mögliche Versorgungsoptionen in dieser Phase sind: Kurzzugbinden, Mehrkomponentensysteme und medizinische adaptive Kompressionsbandagen
TIPP! Unter- und Aufpolsterung
Da eine unsachgemäße Kompressionsbandagierung zu Einschnürungen, nervalen Schädigungen, Hautirritationen, Blasen oder gar Drucknekrosen führen kann, ist jede Bandagierung vorab zu unterpolstern. Dabei ist auch die Form der betroffenen Extremität zu berücksichtigen. Durch eine Aufpolsterung sollten zudem Hervorhebungen oder Absenkungen entsprechend ausgeglichen werden, so dass sich der therapierelevante Druck gleichmäßig verteilen kann.
Kurzzugbinden sind relativ unelastisch, d. h. ihr Dehnungsvermögen liegt unter 100 %. Dadurch erwirken sie in Bewegung einen hohen Arbeits- und bei Entspannung einen niedrigen Ruhedruck. Kompressionsbandagierungen mit Kurzzugbinden sind immer zu unterpolstern, um prominente Körperregionen zu schützen.
Kompressionsverbände mit nicht-kohäsiven Kurzzugbinden verlieren bereits unter leichter Bewegung innerhalb kurzer Zeit an Druck. Dadurch beginnen die Binden aufeinander zu rutschen und die Bandagierung verliert ihre Form.
Aus diesem Grund sind Bandagierungen mit Kurzzugbinden in der Entstauungsphase täglich zu erneuern. Sie sind derzeit in Deutschland die häufigste Versorgungsform bei den Kompressionsbandagierungen. Allerdings ist ihr Einsatz kritisch zu sehen. So weisen aktuelle Erkenntnisse auf Defizite bei der sachgerechten Anlage von Kurzzugbinden im Praxisalltag hin. Oft wird weder zuverlässig ein therapierelevanter Druck erreicht, noch eine fachgerechte Ausführung durchgeführt.
Unsachgemäße Kompressionsbandagierungen verlängern die Entstauungsphase und mindern die Lebensqualität des Patienten. Kompressionsbandagierungen mit Kurzzugbinden sind sogenannte Wechselverbände, die täglich neu anzulegen sind. Im Gegensatz dazu stehen Dauerverbände, die z. B. mit Mehrkomponentensystemen erstellt werden.
Mehrkomponentensysteme bestehen aus mehreren Komponenten, die meist Polster-, Kompressions- und kohäsive Fixierbinden enthalten. Die aufeinander abgestimmten Komponenten sind grundsätzlich dafür konzipiert, eine kräftige Kompression von ≥ 40 mmHg zu erzeugen. Durch spezielle Dehnungstechniken oder aufgedruckte Markierungen geben einige Systeme eine Hilfestellung, den erforderlichen Druck zu erzielen. Einige Hersteller bieten zudem auch „Lite-Varianten“ für die Versorgung von Menschen mit arteriellen Durchblutungsstörungen ohne kritische Ischämie mit einem ABI zwischen 0,6 und 0,8 an.
MK können je nach Entstauungssituation und MK bis zu sieben Tage am Bein verbleiben. Gegenüber nicht-kohäsiven Kurzzugbinden haben diese Systeme den Vorteil, dass keine aufwändigen Bandagierungstechniken beherrscht werden müssen. MK erwirken eine schnellere Entstauung, sind leichter anzulegen und bieten dem Patienten einen besseren Tragekomfort als Kompressionsbandagierungen mit Kurzzugbinden.
Sie gewährleisten zudem mehr Beweglichkeit im Sprunggelenk, was die Arbeit der Venenpumpen fördert.
Medizinische adaptive Kompressionsbandagen sind Manschetten, die um den Unterschenkel angelegt und mit Klettverschlüssen verschlossen werden. Die alternativen Bezeichnungen Klett-Bandage oder Wrap-Verband beziehen sich auf den Aufbau dieser Systeme. Der jeweilige Anlagedruck kann durch Klettverschlüsse individuell und teilweise mit Hilfe von Markierungen oder Messscheibe eingestellt und bei Ödemreduktion jederzeit nachjustiert werden.
Menschen, die mit ihren Händen die Füße noch erreichen oder Angehörige, können MAK selbstständig anlegen. Aufgrund der einfacheren Handhabbarkeit ist die Anwendung solcher Systeme weniger zeitaufwendig und fehleranfällig als aufwändige Kompressionsbandagierungen.
Die Entstauungsphase sollte bei sachgerechter Durchführung der Kompressionstherapie und entsprechender Adhärenz des Betroffenen nach 2-4 Wochen beendet sein.
TIPP! Zur Erfolgskontrolle dienen wöchentliche Messungen von Vorfuß-, Knöchel- und Wadenumfang. Diese geben Aufschluss über den Fortschritt der Entstauung. So können bei Bedarf Korrekturen und Anpassungen der Therapie erfolgen, wenn sich keine Umfangabnahmen nachweisen lassen. Mögliche Gründe sind z. B. eine insuffiziente Kompressionsversorgung, eine eingeschränkte Funktion der Venenpumpen oder mangelnde Akzeptanz für die Versorgung auf Patientenseite.